Das Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1877 liegt mitten im malerischen Quartier Fluntern in Zürich. Der in die Jahre gekommene Altbau mit drei Wohnungen soll umfassend saniert werden. Um die Mietverhältnisse zu erhalten und die finanzielle Last zu verteilen, einigt man sich auf eine Etappierung über mehrere Jahre und Bauen in bewohntem Zustand. Damit dies gelingt, braucht es vorausschauende Planung, reibungsloses Teamwork und einen Sinn für geschicktes Umdisponieren.
Ein Ziel der Sanierung ist die Anpassung der Wohnungen an die zeitgemässen Standards. Da sind beispielsweise fehlende Aussenräume und die verschachtelten Grundrisse: jeweils ein Zimmer ist nur über das Bad zugänglich. Küche und Bad sind veraltet; die Warmwasseraufbereitung via Boiler soll künftig zentral erfolgen. Die Mansardenzimmer im Dach könnten längerfristig zu einer Wohnung ausgebaut werden, um mehr Wohnraum zu bieten. Diese Anliegen müssen allerdings vereinbar sein mit den Vorschriften der Kernzone «Platte». Um das historisch gewachsene Ortsbild zu erhalten, ist unter anderem die «Profilerhaltungslinie» zu berücksichtigen: das ursprüngliche Volumen des Baus darf nicht verändert werden.
2021 wird eine Zustandsanalyse vorgenommen, um sämtliche Sanierungsschritte aufzuzeigen und zu planen. Um das Mietverhältnis mit den bestehenden Parteien nicht kündigen zu müssen, einigt man sich auf eine Etappierung der Sanierung, die im bewohnten Zustand erfolgen soll.
Die Bewohnenden sollen weiterhin dort wohnen können. Dazu braucht man eine sorgfältige, vorausschauende Planung, effiziente Ausführung im Team und auch mal Pausen zwischen den Etappen – für die Mietenden.
— Rico Wasescha, Architekt
2022 erfolgt die erste Etappe, der Anbau von drei Balkonen in Abstimmung mit dem Amt für Städtebau. Dafür werden die Fenster zu Balkontüren erweitert und die Balkone werden in Form eines Turms angebaut.
Nach einer Asbestsanierung werden 2024 die Haustechnik, die Kanalisation sowie die Badezimmer und Küchen in Angriff genommen. Die Grundrisse werden so angepasst, dass eine Wohnküche entsteht und das gefangene Zimmer nicht mehr über das Badezimmer erschlossen ist. Die Küche liegt neu im grossen Wohnraum, mit der Rückwand zum Bad mit Leitungsschächten. Durch geschicktes Umdisponieren ist es nicht nötig, tragende Wände zu verschieben.
Die Eingriffe werden im Sommer während drei Monaten ausgeführt. So können die Mietenden die Baustelle auch mit ihrer Ferienzeit etwas überbrücken. Im Keller werden zwischenzeitlich eine kleine Küche und ein Bad als Provisorium eingerichtet. Der Zugang zur eigentlichen Baustellenzone findet jeweils über das Baugerüst von aussen statt. Dieser Teil bleibt während der Bauzeit vom Rest der Wohnung abgeschlossen. In der Woche, in der alle Mietenden ferienhalber abwesend sind, werden die neuen Fenster und Küchen montiert sowie die Kanalisation saniert. Das gelingt dank der sehr sorgfältigen Vorbereitung und der effizienten und reibungslosen Ausführung. Das Zusammenspiel sämtlicher Handwerker vor Ort – vom Sanitär über Küchenbauer, Fensterbauer bis zum Elektriker – muss einwandfrei funktionieren. Die alten Leitungen werden erneuert und Heizungs-, Sanitär- sowie Elektroleitungen werden bereits bis ins Dach hinaufgezogen, um die letzte Etappe der Sanierung vorzubereiten: den Dachausbau.
Der Bauprozess in bewohntem Zustand hat allen Beteiligten einiges an Flexibilität und Verständnis abverlangt. Ich schätze, dass ich weiterhin hier wohnen kann und freue mich über die Aufwertung meiner Wohnung!
— Bewohnerin
Das Dach wird voraussichtlich nach einer Pause ab 2026 isoliert und das Dachgeschoss zu einer 2.5-Zimmerwohnung ausgebaut. Im selben Schritt wird auch die Fassade saniert. Künftig werden also vier Parteien das Mehrfamilienhaus an der Pestalozzistrasse bewohnen können – erfreuliche Aussichten, die dem Wunsch nach mehr Wohnraum entgegenkommen.
Der Vorteil des eingespielten Teams der Altbauweise Zürich-Mitglieder zeigt sich nicht nur, wenn es darum geht, in kürzester Zeit saubere und reibungslose Arbeit zu liefern. Er spielt auch bereits bei der Planung eine wichtige Rolle: so konnte der Architekt den Dachausbau bereits bei der Zustandsanalyse mit dem Zimmermann besprechen und einplanen. Diese Vorarbeit leistet nur, wer genau weiss, dass die Zusammenarbeit auch bei einem länger etappierten Projekt verbindlich bleibt.
Die vorausschauende Planung und das etappenweise Vorgehen waren für uns der Schlüssel im Prozess. Zusammen mit der effizienten Ausführung vor Ort führte das zu einem sehr befriedigenden Resultat.
— Privater Bauherr
Konzeptrealisation über mehrere Jahre und Etappen in bewohntem Zustand
Anpassung des Grundrisses an moderne Wohnbedürfnisse
Erhalt des Ortsbilds gemäss Bestimmungen der «Kernzone Platte»
Verdichtung des Wohnraums durch zusätzliche Wohnung im Dachgeschoss
Kennzahlen | |
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Zeitraum | 2021 bis voraussichtlich 2026 |
Baukosten | CHF 1.9 Mio. |
Bauherrschaft | Privat |
Mitgliederfirmen | |
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Architektur | Rico Wasescha GmbH, Zürich |
Bauingenieur | Ruggli & Partner Bauingenieure AG, Zürich |
Baumeister | S+U Bauunternehmung AG, Zürich |
Gerüst | fritz bau + gerüst ag, Kemptthal |
Zimmermann | Zimmereigenossenschaft Zürich, Zürich |
Naturstein-Arbeiten | Walter Petermann GmbH, Buchs |
Heizung und Sanitär | Sigrist + Partner Sanitär- und Wärmetechnik AG, Zürich |
Gipser | Max Schweizer AG, Zürich |
Baureinigung | RS Reinigungen AG, Fällanden |
Fotos: Armin Rechberger, Text: Claudia Kaufmann
(Fotos Prozess: Rico Wasescha)
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