Zürich ist Marco Bonardis Lebens- und Arbeitsmittelpunkt: Aufgewachsen in der Stadt Zürich wohnt der Familienvater heute im Stadtteil Albisrieden und arbeitet mitten im Zürcher Kreis 4. Nach der Ausbildung zum Bauzeichner absolvierte er eine Lehre als Gipser. Später stieg Marco ins Familienunternehmen Bonardi ein. Vor acht Jahren gründete er seine eigene Firma Marco Bonardi Gipser AG mit aktuell 22 Festangestellten. Seit rund sieben Jahren ist Marco mit seiner Firma Mitglied bei Altbauweise Zürich.
Du arbeitest neben Gips auch mit Lehm und Kalk – welche Vor- und Nachteile haben diese und wann ist ihr Einsatz sinnvoll?
Lehm hat viele Vorteile, er ist Feuchtigkeit regulierend und nimmt Schadstoffe aus der Luft auf, was beides gut fürs Raumklima ist. Auch ökologisch hat er eine gute Bilanz: Er ist einfach ab- und rückbaubar und es braucht keine zusätzliche Energie für die Aufbereitung des Materials. Allerdings hat Lehm lange Trocknungszeiten und lässt sich nicht gleich glatt und regelmässig verarbeiten wie Gips. Lehm kann sowohl Feuchtigkeit aufnehmen wie auch austrocknen, das macht ihn rissanfälliger.
Kalk ist auch diffusionsoffen und kann ebenfalls Gerüche aufnehmen. Gegenüber
Lehm ist er auch in feuchten Zonen einsetzbar. Als alkalisches Material eignet er sich gut gegen Schimmelpilz. Er ist vielseitig einsetzbar: Es lassen sich beispielsweise Strukturen im Putz vornehmen; Kalkfarben kann man ebenfalls gut einsetzen. Bei Lehm ist das viel schwieriger, und Lehmfarben sind grundsätzlich eher matt. Kalk wird aus Kalkstein abgebaut. Die Aufbereitung braucht etwas mehr Energie, aber im Vergleich zu Gips sind beide Materialien weniger energieintensiv.
Gips lässt sich nur in trockenen Räumen verarbeiten, er ist weniger diffusionsoffen, das heisst, er kann weniger gut Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben. Als PH neutrales Material zieht er Schimmelpilz eher an. Dafür ist er schnell verarbeitbar, günstig, trocknet schnell, ist einfach zu verbauen und gestalterisch vielseitig.
Wir arbeiten öfter mit Kalk als Lehm; er bietet für uns mehr Anwendungsbereiche und Vorteile. Auch in der Denkmalpflege wird mehr Kalk eingesetzt, da er robuster und pflegeleichter ist als Lehm. Lehm setzen wir meist im Wohn- und Schlafbereich ein oder in Arbeitsumgebungen. Kalk eher im Feuchtbereich oder an Fassaden. Es gibt aber keine klare Abgrenzung.
In der Denkmalpflege wird öfter Kalk eingesetzt,
da er robuster und pflegeleichter ist als Lehm.
Natürliche Materialien sind im Trend – wie nachhaltig schätzt du diesen ein?
Bei natürlichen Materialien muss man mit rund 25-40% höheren Kosten rechnen als bei herkömmlichen Materialien. Diese Mehrkosten werden momentan vor allem aufgrund der besseren ökologischen Bilanz in Kauf genommen. Als Teil des grossen Nachhaltigkeitstrends erleben wir einen deutlichen Aufschwung bei den natürlichen Materialien, gerade auch bei den Altbauprojekten. Auch die Wiederverwertung der Baustoffe ist ein grosses Thema: manchmal ist es Teil des Auftrags, Rückbau-Material wieder in der Sanierung zu integrieren.
Natürliche Materialien muss man sich leisten können –
entsprechend werden sie nicht zum Mainstream-Trend.
Ich denke, dass dieser Trend eher wieder stagniert, da letztlich der Preis der entscheidende Treiber ist. Bauen ist per se teuer geworden. Anders gesagt: natürliche Materialien muss man sich leisten können – entsprechend werden sie nicht zum Mainstream Trend. Wir werden wohl öfter bei einem Mix aus herkömmlichen und natürlichen Materialien landen, damit man sich beispielsweise das Eigenheim noch leisten kann. Ich denke, es wird weiterhin beides geben und brauchen.
Was sind deine Erfahrungen mit natürlichen Materialien? Gibt es Beispiele aus der Zusammenarbeit mit Altbauweise Zürich?
Wir durften schon in allen Bereichen natürliche Materialien einsetzen – von Wohnhäusern über Gewerberäume bis zu Büroräumlichkeiten. Im institutionellen Bereich gibt es zurzeit viele Anfragen, beispielsweise von Banken oder Kanzleien. Da geht es oft nur um Deckputz aus Lehm, aber man will bewusst ein ökologisches Zeichen setzen und damit – und auch mit dem verbesserten Raumklima – einen Mehrwert für die Mitarbeitenden schaffen. Da geht es vielleicht mehr ums Image als um den effektiven Nutzen, denn der ist mit einer dünnen Schicht zwar vorhanden, aber eher beschränkt.
Die etwas unregelmässigeren und eigenwilligeren Strukturen
kommen auch bei anspruchsvollen Bauherren sehr gut an.
Handwerklich braucht es die üblichen Erfahrungen oder Kenntnisse, um natürliche Materialien einzusetzen. Entscheidend sind eher die Beratung und Begleitung; man muss die richtigen Produkte zum richtigen Zeitpunkt empfehlen.
Ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit im Verbund von Altbauweise Zürich ist die denkmalgeschützte Oepfelchammer im Zürcher Niederdorf. Gemeinsam mit Maler und Handwerkskollektiv haben wir die Wohnung über dem Restaurant umfassend und nach Richtlinien der Denkmalpflege saniert. Wir benutzten einen rein kalkhaltigen Ansprutz. Speziell waren auch die Arbeitsbedingungen: Wir mussten alles die Treppe hinauf hieven, da weder Lift noch Kran vorhanden war.
Unsere Spezialist:innen beraten Sie gerne am Telefon, besprechen die Situation und Ihre Bedürfnisse vor Ort und suchen gemeinsam mit Ihnen die optimale Lösung für die Umsetzung.
Unsere Kontaktangaben finden Sie hier. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Objektbilder Bonardi Gipser AG
Porträt Marco Bonardi und Text: Claudia Kaufmann
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